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Heft Nr. 3

3. September 2015

Abhandlungen
Interessenkonflikte und Haftungsrisiken in der gemischtwirtschaftlichen Aktiengesellschaft
S. 111
Der gemischtwirtschaftlichen Aktiengesellschaft ist eine Divergenz zwischen dem auf Durchsetzung der öffentlichen Aufgabe gerichteten Interesse der öffentlichen Hand und dem auf Gewinnmaximierung gerichteten Interesse des privaten Gesellschafters immanent. Die Festlegung der Ziele der öffentlichen Hand in den Statuten einer gemischtwirtschaftlichen privatrechtlichen Aktiengesellschaft ist nicht nur aufgrund verfassungsrechtlicher Überlegungen geboten, sondern sie erweist sich auch als notwendiges Instrument zur Vorbeugung von Interessenkonflikten und Haftungsrisiken. Da privates Kapital nur dann zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zur Verfügung gestellt werden dürfte, wenn das Unternehmen einen angemessenen Gewinn verspricht, ist eine reine öffentliche Zwecksetzung ohne Gewinnerzielungsabsicht allerdings kaum realistisch – gemischte Zweckbestimmungen sind wohl unausweichlich. Ausserdem erweist sich das Argument, dass die öffentliche Hand durch die Wahl der Organisationsform der privatrechtlichen Aktiengesellschaft zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ihre Haftung beschränken kann, als wenig stichhaltig, da der öffentlichen Hand auch bei einer Beteiligung an einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft eine Haftung drohen kann, die über das liberierte Aktienkapital hinausgeht.
Die Leiden der jungen Strommarktordnung - aktuelle Probleme des StromVG unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Netzgebietszuteilung und Grundversorgung
S. 125
Mit dem Stromversorgungsgesetz (StromVG) hat der Bundesgesetzgeber in eine historisch kantonal dominierte Domäne eingegriffen. Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist unscharf definiert, was zu Abgrenzungsschwierigkeiten mit übrigem Bundesrecht und kantonalem Recht führt. Ferner enthält die neue Strommarktordnung legistische und konzeptionelle Mängel. Sie stellt auch die Grundversorgung mit Strom auf ein neues bundesrechtliches Fundament, dessen juristische Qualifikation zu überdenken ist.
Die Samenspende im schweizerischen Recht
S. 144
Die Samenspende ist wie die anderen zugelassenen medizinisch unterstützten Fortpflanzungsverfahren im Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt. Das Gesetz operiert mit zahlreichen interpretationsbedürftigen Begrifflichkeiten, dessen Umsetzung obliegt aber praktisch ausschliesslich den damit befassten Reproduktionsmedizinern unter Ausschluss der klassischen Rechtsanwendungsakteure wie Anwälten oder Gerichten. Ziel des Aufsatzes ist es, in verschiedenen Bereichen der Anwendung des Fortpflanzungmedizingesetzes die Diskussion anzustossen und erste Antworten zu skizzieren. Dies soll dazu beitragen, dass die Betroffenen auf eine verlässliche und rechtsgleiche Anwendung des Gesetzes vertrauen können.
Dogmatik und praktische Relevanz der Beweisverwertungsverbote im Strafprozessrecht der Schweiz
S. 158
Art. 141 StPO zieht der Verwertung prozessordnungswidrig gewonnener Beweise engere Grenzen als die früher praktizierte Abwägungsrechtsprechung des BGer. Die Rechtsprechung ist bestrebt, die Konsequenzen hieraus durch eine restriktive Auslegung der Norm in möglichst engen Grenzen zu halten. Vor allem aber lässt sie die Norm dadurch weitgehend leerlaufen, dass sie an der These festhält, erst der Sachrichter könne über das Vorliegen eines Verwertungsverbots verbindlich entscheiden.
Völkerrecht als Bestandteil des Europarechts: von einer geltungs- hin zu einer auswirkungsbezogenen Betrachtungsweise
S. 176
Die Qualifikation von Völkerrecht als integraler Bestandteil des Europarechts erscheint mit Blick auf gemischte Abkommen, Völkergewohnheitsrecht und UN-Sicherheitsratsbeschlüsse als problematisch. Sinnvoller wäre es, von der Art der Bindung für Organe und Mitgliedstaaten bei Rechtsetzung und Rechtsanwendung, der Direktwirkung sowie der Zuständigkeit für die Auslegung einer Norm auszugehen, da diese Konzepte Aufschluss über die unionsrechtlichen Eigenschaften der Norm erteilen.