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Heft Nr. 3

16. Juni 2008

Abhandlungen
Sachverhaltserkenntnis und Wahrheit; Rechtsanwendung und Gerechtigkeit
S. 67
Während die Mitglieder des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte schwören oder feierlich erklären, ihr «Amt als Richter ehrenhaft, unabhängig und unparteiisch auszuüben,»2 schwört Deutschlands Richterschaft, «nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen».3 Nach der noch heute üblichen Formel schwören hierzulande Bundesrichter und Bundesrichterinnen bei Gott, dem Allmächtigen, oder sie geloben, «die Verfassung und Gesetze des Bundes treu und wahr zu halten, die Einheit, Kraft und Ehre der schweizerischen Nation zu wahren, die Unabhängigkeit des Vaterlandes, die Freiheit und die Rechte des Volkes und seiner Bürger zu schützen und zu schirmen und überhaupt alle (ihnen) übertragenen Pflichten gewissenhaft zu erfüllen». Der Formel haftet etwas Altertümliches an. Sie geht denn auch auf das Jahr 1848 zurück4 und widerspiegelt die Sorge des eben dem Bürgerkrieg, dem Sonderbundskrieg, entronnenen jungen Bundesstaates um die Bewahrung der Einheit und um die Respektierung bundesstaatlicher Erlasse – damals alles andere als selbstverständlich. An der Formel fällt weiter auf, dass der Begriff «wahr» im Kontext des Gesetzes- und Verfassungsrechts steht: Es gilt, dieses «treu und wahr» zu halten – «treu und wahr» als Hendiadyoin im Sinne von treu und redlich. Verwirklichen Richter und Richterinnen, die Verfassung und Gesetze «treu und wahr» halten, auch Wahrheit und Gerechtigkeit?
Effizientere Geldwäschereibekämpfung der Schweizer Banken und Effektenhändler mit der neuen Sorgfaltspflichtvereinbarung (VSB 08)?
S. 75
Aus der Zeitschriftrecht 3/2008 | S. 75–91Es folgt Seite №76⬆Am Prinzip der Geldwäschereibekämpfung in der Schweiz nach dem Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz, GwG) vom 10. Oktober 19971 ändert auch die neue Sorgfaltspflichtvereinbarung (VSB 08) für Banken und Effektenhändler nichts. Das Geldwäschereigesetz bezweckt gemäss Art. 1 GwG vorrangig die Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor unter Einbindung sämtlicher agierender Finanzintermediäre (FI), also Institute, Gewerbetreibende oder Personen, die berufsmässig fremde Vermögenswerte annehmen oder aufbewahren oder helfen, sie anzulegen oder zu übertragen.2 Es erfolgen keine Änderungen im Unterstellungsbereich im Sinne einer Ausdehnung des Art. 2 GwG auf Branchen ausserhalb des Finanzsektors wie gewerbsmässiger Handel mit bildender Kunst, Edelmetallen oder Edelsteinen und Immobilienhandel.3 Gemäss Art. 1 GwG de lege ferenda wird zur Regelung der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Sicherstellung der Sorgfalt bei Finanzgeschäften künftig die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung im Sinne von Art. 260quinquiesStGB einbezogen. Die umzusetzenden Sorgfaltspflichten haben damit auch die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung zu berücksichtigen.4 Dies betrifft insbesondere die Bereiche E-Banking, Zahlungsverkehr, Bargeschäfte am Schalter und bargeldlose Zahlungsmittel wie Kreditkarten oder Maestro-Karten.
Postulat gegen die Streichung von Art. 139 OR
S. 92
Wer eine Klage bei einem unzuständigen Gericht einreicht, erhält gemäss Art. 139 OR eine Nachfrist von 60 Tagen zur Wahrung der Verjährungsfristen. Der Entwurf der Schweizerischen Zivilprozessordnung sieht vor, dass Art. 139 gestrichen wird. Gemäss der im Entwurf zur Botschaft vertretenen Meinung wird die dadurch verursachte Gefahr des Rechtsverlustes zufolge Verjährungsablauf durch eine differenzierte Regelung der Rechtshängigkeit gebannt. Dies trifft jedoch nicht zu: Die Regelung der Rechtshängigkeit im Entwurf der Schweizerischen Zivilprozessordnung vermag die Lücke nicht zu schliessen, welche die Streichung von Art. 139 begründet. Dies und die internationale Bedeutung des schweizerischen materiellen Rechts, das oftmals von Parteien gewählt und deshalb auch von Schiedsgerichten und ausländischen staatlichen Gerichten angewendet wird, verlangen ein Überdenken der im Entwurf vorgeschlagenen Lösung.
Rechtsprechung
Stiefkindadoption und Konkubinat
S. 99
Zum Verhältnis der gemeinrechtlichen Urkundendelikte zu den Steuerstraftatbeständen
S. 109