Das abgekürzte Verfahren bei mehreren Tatbeteiligten
Der Gesetzgeber lässt in Zukunft (ab 1. Januar 2011) eine konsensuale Verfahrenserledigung für Freiheitsstrafen bis fünf Jahre zu. Damit sollen Strafverfahren beschleunigt und die Strafverfolgungsbehörden entlastet werden. Dieses sog. abgekürzte Verfahren wirft schon für sich allein schwierige Fragen auf. Noch komplexer wird es bei zwei oder mehreren Tatbeteiligten: Ist es zulässig, den einen im abgekürzten, den anderen im ordentlichen Verfahren abzuurteilen? Der Beitrag geht dieser Grundfrage nach und leuchtet sie bis in die Rollen aus, in denen die einzelnen Beteiligten einzuvernehmen sind (als Beschuldigte, Zeugen oder Auskunftspersonen).
Inhaltsübersicht
- I. Einleitung
- II. Grundsatz der Verfahrenseinheit
- III. Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots
- 1. Fehlendes Gesuch
- 2. Fehlendes Geständnis, fehlende Anerkennung der Zivilansprüche
- 3. Fehlende Zustimmung der Staatsanwaltschaft
- 4. Antrag der Staatsanwaltschaft auf mehr als fünf Jahre Freiheitsstrafe
- 5. Ablehnung der Anklageschrift durch die Privatklägerschaft
- 6. Ablehnung durch die beschuldigte Person
- 7. Fazit
- IV. Stellung der Tatbeteiligten bei Verfahrenstrennung
- V. Erhöhte Gefahr eines Fehlurteils
- VI. Verzicht auf Kronzeugenregelung
- VII. Schluss
I. Einleitung
Die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 20071 bringt mit dem abgekürzten Verfahren nach Art. 358 – 362 StPO frischen Wind in die strafprozessuale Landschaft und schafft eine neue Herausforderung für die Praxis. Künftig besteht für die beschuldigte Person, die Staatsanwaltschaft und eine allenfalls involvierte Privatklägerschaft die Möglichkeit konsensualer…