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Aus der Zeitschriftrecht 2/2013 | S. 54–64Es folgt Seite №54

Strafrechtliche Produkthaftung

Die Förderung von Innovationen ist ein wichtiges Politikziel in der Schweiz. Neue Produkte helfen der Wirtschaft und können in vielfältiger Weise den allgemeinen Lebensstandard verbessern. Besonders grosse Hoffnungen sind mit Erfindungen im Bereich der Pharmaprodukte verbunden. Wir erwarten Spitzenforschung für Arznei mit neuen Heilungschancen und wissen gleichzeitig: Es gibt kein Medikament ohne Nebenwirkung. Wenn dann tatsächlich ein neu in den Verkehr gebrachtes Produkt bei Konsumenten zu körperlichen Schäden oder gar zum Tod führt, wird nicht nur der Ruf nach Schadensausgleich, sondern auch der nach der Staatsanwaltschaft laut. Haftet ein Produzent strafrechtlich für ein Produkte- resp. ein Innovationsrisiko? Worauf gründet die Haftung, wenn ein sozial erwünschtes Risiko – wie das Innovationsrisiko – sich in einem Schaden manifestiert? Und wie ist der Haftungsmassstab beim und nach dem Inverkehrbringen neuer Produkte zu bestimmen? Diese Fragen stehen im Zentrum der folgenden Ausführungen.

I. Einleitung

Gibt es eine strafrechtliche Produkthaftung?

Diese Frage stellt sich, wenn ein – zunächst als ungefährlich geltendes – Produkt körperliche Schäden oder gar den Tod von Menschen hervorruft. Besonders spektakulär scheinen Fälle aus dem Bereich der Pharmaprodukte, wie etwa der sog. Contergan-Skandal: Das von 1957 bis 1961 millionenfach verkaufte Beruhigungsmedikament Contergan1 war zur…

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