Direkt zum Inhalt

Aus der Zeitschriftrecht 6/2008 | S. 237–249Es folgt Seite №237

Eigenmacht und Ohnmacht des ungetreuen Bankdirektors

Zur strafrechtlichen Erfassung von auftragswidrigen Eingriffen in Kundenkonten durch Mitglieder des Kaders einer Bank

Buchgeld ist «cash», das Bankkonto die erweiterte Hosentasche. Auch die jüngsten Ereignisse, die die Bankenwelt erschüttern, haben daran nichts geändert, abgesehen davon, dass man sich nun plötzlich vorstellen kann, dass es auf einmal nicht mehr klappen könnte. Und trotzdem haben Bankkunden – ganz unabhängig von der aktuellen Krise – die Erfahrung gemacht, dass ihre Bank Zahlungen verweigerte und das Bankkonto ein viel geringeres Guthaben auswies, als sie in guten Treuen annehmen durften. Einer bösen Überraschung dieser Art liegen nicht unbedingt Fehler der Bank und ihrer Belegschaft zugrunde. Und doch kommt es vor, dass leitende Mitarbeiter ihre Stellung missbrauchen, indem sie eigenmächtig Geld von Kundenkonten «abdisponieren». Der vorliegende Artikel befasst sich mit den strafrechtlichen Konsequenzen solcher Machenschaften und stösst dabei auf das eine oder andere Paradox, z.B. darauf, dass der Kunde als Hauptbetroffener eigentlich immun gegen unautorisierte Eingriffe in sein Konto ist. Es zeigt sich aber, dass das schweizerische Strafrecht diese Probleme einwandfrei zu fassen vermag, solange nicht gewisse Hürden unsachgemäss überhöht werden.

I. Einleitung

Wenn ein Bankdirektor1 auf die Idee kommt, seine Machtstellung zu missbrauchen, um ohne Auftrag nach Gutdünken in den Depositenkonten herumzuhantieren, beschert er nicht nur den Kunden, der Bank, ja der ganzen Branche einen Skandal,2 sondern auch den Juristen einige heimtückische Knacknüsse. Heimtückisch sind sie deshalb, weil sich die harten Schalen nur bei genauem Hinsehen zeigen. Denn…

[…]