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Heft Nr. 1

27. Februar 2019

Abhandlungen
Entwurf zur Revision des Erbrechts vom 29. August 2018: ein Überblick
S. 1
Im August 2018 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur ersten Etappe der Revision des Erbrechts. Die wichtigsten geplanten Änderungen sind die Streichung der elterlichen Pflichtteile, die Verkleinerung der Pflichtteile der Nachkommen von drei Vierteln auf die Hälfte des Pflichtteils, der Verlust des Ehegattenpflichtteils im Scheidungsverfahren sowie die Einführung eines Unterhaltsvermächtnisses zugunsten des in Not geratenen faktischen Lebenspartners. Schliesslich sollen im Rahmen der Revision bisher umstrittene Fragen (z.B. Behandlung Säule 3a, Intestatherabsetzung, Herabsetzung ehevertraglicher Begünstigung) positivrechtlich geklärt werden.
Schafft der Gesetzgeber das Strafrecht ab - und ist das etwas Schlechtes?
S. 12
Der Gesetzgeber setzt immer mehr Strafnormen in Kraft. Dennoch liegt diesem Beitrag die These zugrunde, dass der Gesetzgeber gleichzeitig das Strafrecht abschafft, weil er der Schuld bei der Reaktion auf Normverletzungen eine stets geringere Bedeutung zuspricht, was an vier Beispielen belegt wird. Das Strafrecht wird jedoch nicht einfach ersatzlos gestrichen, sondern durch ein Sicherheitsrecht ersetzt, was mit zwei Hauptproblemen behaftet ist: Die Leistungsfähigkeit dieses Sicherheitsrechts ist höchst zweifelhaft, und es fehlt ihm der Konnex zur Gerechtigkeit, der das Strafrecht auszeichnet.
Das Strafparadimga der Gegenwart: Was bedeutet das alles, und wohin führt es?
S. 25
Das Strafparadigma der Gegenwart ist die Spezialprävention. Einerseits werden gegenüber der Mehrheit der Straftäter bedingte Strafen ausgesprochen, die deutlich unter dem Mass der schuldangemessenen Strafe angesetzt sind. Andererseits werden einer Minderheit von Straftätern Massnahmen auferlegt, die weit über das Mass der gerechten Bestrafung hinausgehen. Prognostische Überlegungen sind dabei zum Schlüsselmoment der Sanktionierung geworden. Das ist sowohl aus Gründen der Fairness als auch aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit des Prognoseirrtums problematisch. Anstelle des Ausbaus eines spezialpräventiven Sanktionenrechts sollte wieder vermehrt über gerechtes Strafen nachgedacht werden.
Meistbegünstigungsklauseln durch Hotelbuchungsplattformen im Lichte des Europäischen Kartellrechts
S. 33
Ob und inwiefern Meistbegünstigungsklauseln von Hotelbuchungsplattformen wettbewerbsbeschränkende Wirkungen entfalten, ist nicht abschliessend geklärt. Das Vorliegen eines zweiseitigen Marktes wirft einige wettbewerbsrechtliche Fragen auf, welche einer besonderen Untersuchung bedürfen. Die Klauseln zeitigen sowohl im Hotelbuchungs- als auch im Hotelvermittlungsmarkt wettbewerbsschädliche Wirkungen, welche einer Einzelrechtfertigung nicht standhalten.
Law and Economics: ein Panoramablick
S. 50
Die Theorie von Law and Economics beschäftigt sich mit den Wirkungen von Rechtsnormen und Gerichtsentscheiden. Sie bedient sich dabei ökonomischer Verhaltensmodelle und Bewertungskriterien. Ursprünglich in den USA entwickelt, konnte sich die Theorie von Law and Economics inzwischen auch in Europa etablieren. Dieser Beitrag wirft einen «Panoramablick» auf ein Konzept, dessen Anwendungsfeld sich mittlerweile auf nahezu alle Rechtsgebiete erstreckt. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Funktionalität im Vertrags- und Haftpflichtrecht gelegt.
Bemessungsgrundsätze des Kausalabgaberechts
S. 61
Kausalabgaben setzen ein direktes Austauschverhältnis zwischen staatlicher Leistung und Abgabe voraus. Allen Arten von Kausalabgaben ist daher grundsätzlich gemeinsam, dass sie das Äquivalenzprinzip beachten müssen, wonach sich Abgabe und staatliche Leistung zu entsprechen haben. Das Kostendeckungsprinzip besagt, dass der Gesamtertrag aus den Abgaben den Gesamtaufwand des betreffenden Verwaltungszweigs nicht oder nur geringfügig überschreiten darf. Das Kostendeckungsprinzip gilt nur für kostenabhängige Abgaben und ist dem Begriff der Kausalabgaben – im Gegensatz zum Äquivalenzprinzip – nicht immanent. Die beiden für das Kausalabgaberecht zentralen Bemessungsgrundsätze lassen einen beträchtlichen Beurteilungsspielraum offen. Deren Konkretisierung ist weitgehend von Praktikabilitäts- und Zweckmässigkeitsüberlegungen geprägt. Diese Aushöhlung der beiden Prinzipien ist nicht unbedenklich, steigt doch aus finanzpolitischen Gründen in Bund, Kantonen und Gemeinden der Druck, durch die Erhöhung der Kausalabgaben die in den letzten Jahren durch Steuersenkungen verminderten Steuereinnahmen zu kompensieren. Umso dringender ist eine schärfere Fassung des Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzips.
Vergütung von Heilmitteln im Einzelfall: für eine allgemeine Härtefallklausel im Krankenversicherungsrecht
S. 72
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt im Grundsatz die Kosten von Arzneimitteln und Medizinprodukten, wenn und soweit diese auf den dafür vorgesehenen Positivlisten figurieren. In Ausnahmefällen vergüten Krankenversicherungen zugelassene Arzneimittel auch ausserhalb der Liste, sofern die einschlägigen, in der Krankenversicherungsverordnung festgelegten Kriterien erfüllt sind. Das Bundesgericht hat diese Einzelfallvergütung in einem neuen Urteil auf zulassungsbefreite Arzneimittel, die nach einer Magistralrezeptur in einer Apotheke hergestellt werden, ausgedehnt. Dieses Urteil wirft die Frage auf, ob auch die Kosten von (noch) nicht gelisteten Medizinprodukten unter den massgebenden Voraussetzungen von der Krankenversicherung zu übernehmen wären.
Im Fokus
Medienverantwortung: eine Hinterfragung
S. 81
Medien gelten als die vierte Gewalt, doch stellen sie in unserer digitalen Informationsgesellschaft die eigentliche Machtinfrastruktur dar, sind sozusagen die erste Macht geworden. In einer transparenten und vernetzten Realität sind Demokratie sowie Wirtschaft kommunikations- und medienabhängig geworden. Nicht nur der Medienfreiheit, sondern auch der Medienverantwortung kommt daher entscheidende Bedeutung zu. Denken sie nicht kritisch darüber nach, schwächen die Medien am Ende ihre freiheitsdemokratische Deutungsaufgabe: auch für Recht und Justiz steht dabei viel auf dem Spiel.
Medienverantwortung: eine Hinterfragung
S. 81
Medien gelten als die vierte Gewalt, doch stellen sie in unserer digitalen Informationsgesellschaft die eigentliche Machtinfrastruktur dar, sind sozusagen die erste Macht geworden. In einer transparenten und vernetzten Realität sind Demokratie sowie Wirtschaft kommunikations- und medienabhängig geworden. Nicht nur der Medienfreiheit, sondern auch der Medienverantwortung kommt daher entscheidende Bedeutung zu. Denken sie nicht kritisch darüber nach, schwächen die Medien am Ende ihre freiheitsdemokratische Deutungsaufgabe: auch für Recht und Justiz steht dabei viel auf dem Spiel.