Der begründete und der einfache Verdacht
Ein Vorschlag zur Reform des Geldwäschereimeldewesens in der Schweiz
Banken müssen verdächtige Vermögenswerte der Meldestelle für Geldwäscherei melden. Diese Meldungen sind zentral für die Geldwäschereibekämpfung. Die Meldeschwelle bildet nach Geldwäschereigesetz der «begründete Verdacht» auf relevante Straftaten. Nach der heutigen Gerichtspraxis löst aber bereits ein «einfacher Verdacht» eine Meldepflicht aus, wenn Abklärungen ihn nicht ausräumen können. Die Autoren schildern den Hintergrund dieser Entwicklung und analysieren die damit verbundenen Probleme. Sie schlagen eine Neugestaltung des Meldewesens auf Gesetzesstufe vor. Grundgedanke ist eine Meldepflicht mit zwei Schwellen. Überflüssig würde damit das heutige Melderecht.
Inhaltsübersicht
- I. Das Meldewesen als zentraler Pfeiler der Geldwäschereibekämpfung
- II. Der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers zu den Meldeschwellen
- III. Die Senkung der Meldeschwelle durch die Gerichte
- 1. Ein «simple doute» genügt: der «Casino-Fall» (2008)
- 2. Ein Zwischenhalt: der «Betrügerische Konkurs-Fall» (2014)
- 3. Die erste Bestätigung des «simple doute»: der «British-Aerospace-Fall» (2015/2016)
- 4. Die zweite Bestätigung des «simple doute»: der «Petrobras-Fall» (2017)
- 5. Fazit: Ein «simple doute» genügt
- IV. Die Haltung der Behörden und der internationalen Prüfer
- 1. Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA): mehr und frühere Meldungen
- 2. Meldestelle für Geldwäscherei (MROS): mehr Meldungen, aber vollständig müssen sie sein
- 3. Financial Action Task Force (FATF): Meldewesen akzeptabel dank neuer Rechtsprechung
- 4. Der Bundesrat: mehr Meldungen, aber kein defensives Meldewesen
- 5. Fazit der Behördenerwartungen
- V. Folgen und Herausforderungen der geänderten Praxis
- VI. Angekündigte Massnahmen
- VII. Ein Reformvorschlag
- 1. Ziele und Grundprinzip
- 2. Gemeinsamer Ausgangspunkt: Abklärung von Anhaltspunkten für Geldwäscherei
- 3. Primärmeldung bei einem Verdacht mit konkretem Hinweis auf eine relevante Straftat
- 4. Sekundärmeldung bei einem Verdacht ohne konkreten Hinweis auf eine relevante Straftat
- 5. Differenzierte Analysepflichten der MROS
- 6. Analyse von «Financial Intelligence» als zusätzlicher Zweck des Meldewesens
- 7. Vertiefter Informationsaustausch zwischen Meldestelle, Strafbehörden und Finanzintermediären
- 8. Straf- und aufsichtsrechtliche Folgen der Meldepflichtverletzung
- VIII. Fazit: Umdenken bei Banken, Kunden und Behörden
I. Das Meldewesen als zentraler Pfeiler der Geldwäschereibekämpfung
Funktionierende Banken und Finanzmärkte sind zentral für moderne Volkswirtschaften. Diese grundlegende Funktion ist einer der Hauptgründe, weshalb sie stärker reguliert sind als andere Bereiche der Wirtschaft. Die Finanzmarktregulierung bezweckt insbesondere den Schutz von Gläubigern und Investoren und die Funktionsfähigkeit des…