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Aus der Zeitschriftrecht 2/2017 | S. 81–99Es folgt Seite №81

Freiheitsentziehende Massnahmen im schweizerischen Strafrecht

Strafrechtliche Massnahmen reichen, besonders wenn sie mit einem Freiheitsentzug verbunden sind, hinsichtlich ihrer Eingriffsschwere oftmals über die klassische Sanktionsform der Strafe hinaus. Umso wichtiger ist es, ihre rechtlichen Schranken zu präzisieren. Anders als im Bereich der Strafen bestehen hier nach wie vor zahlreiche offene Fragen. Zu klären ist bereits, ob sich auch von strafrechtlichen Massnahmen betroffene Personen auf grundlegende Prinzipien des Strafrechts, wie das Rückwirkungsverbot oder den Grundsatz «ne bis in idem», berufen können. Die Beantwortung dieser Frage bildet den Einstieg in die nachfolgende Betrachtung der freiheitsentziehenden Massnahmen des schweizerischen Strafrechts (II.). Im Anschluss folgt ein Überblick über die Anordnungsvoraussetzungen der stationären therapeutischen Massnahmen und der Verwahrung, wobei die wichtigsten dieser Merkmale einer kritischen Würdigung unterzogen werden (III.). In einem letzten Schritt soll das Augenmerk auf den Massnahmenvollzug gerichtet werden, mithin auf die Frage, in welchem Umfang in der Praxis dem dieser Sanktionsform zugedachten Zweck tatsächlich nachgelebt wird, und darauf wie sich dies auf die Zulässigkeit der Massnahmen auswirkt (IV.).

I. Einleitung

Auf die Gesamtzahl der in der Schweiz ausgefällten Strafurteile gesehen sind freiheitsentziehende Massnahmen nur von geringer praktischer Relevanz. Von den rund 9100 jährlichen Einweisungen in den Straf- und Massnahmenvollzug entfallen hierzulande rund 130 auf den Massnahmenvollzug.1 Ein deutlich anderes Bild ergibt sich jedoch im Bereich der mittleren bis schwerwiegenden Delinquenz. Bei…

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